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Auszug aus:
Chronik von Olvenstedt 
[Dorf vor Magdeburg]
von Pastor Dr. Rieks - 1896 

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1812 trat an die Stelle des Präfekten Grafen von der Schulenburg-Emden der Kaiserliche Palastpräfekt Chevalier de Bercagny.

Das ganze Jahr hindurch litt Olvenstedt durch starke französische Einquartierung der nach Russland marschierenden Truppen. Am 25. Dezember 1812 wurde Napoleons Armeebefehl bekannt, durch welchen das Kommando über die in Russland geschlagenen Truppen seinem Schwager, dem Könige Murat von Neapel, übertragen wurde.

Im Januar 1813 trafen die unglücklichen französischen Soldaten im jämmerlichsten Zustande in Magdeburg ein und brachten Typhus mit. Am 23. Januar 1813 kam der Finanzminister von Malchus nach Magdeburg und ordnete die Verproviantierung der Stadt auf 12 Monate an.  Von Mitte Februar 1813 ab wurde Olvenstedt durch übermäßige Einquartierung belästigt. An einem Tage waren 6000 und an einem anderen Tage 7000 Mann, meistens Neapolitaner, unter denen viele Mohren waren, hier einquartiert. Die Mohren waren gutmütige Soldaten, welche die Olvenstedter gegen die Gewaltthätigkeiten der Neapolitaner und Franzosen schützten. Im Monat März erfolgte die Besetzung Berlins durch Russen.  Als am 5. April 1813 die Preußen jenseits der Elbe den Vicekönig von Italien bei Möckern besiegt hatten, rückten am 6. und 7. April 1400 Franzosen in Olvenstedt ein.  Im Pfarrhaus und Pfarrgehöfte waren ein Divisionsgeneral, 4 Offiziere, 6 Unteroffiziere und 360 Soldaten einquartiert. Den letzteren konnten nur Kartoffeln zur Nahrung gereicht werden, weil die französischen Generale kein Fleisch und keine Lebensmittel aus Magdeburg bringen ließen. Mitten in den drückenden Kriegsnöten lebte man in steter Furcht vor Feuersbrunst.  Bei einem heftigen Winde hatten die Franzosen auf den Straßen und in den Gärten wohl 30 Feuer angemacht, deren Flammen hoch aufloderten.

Wie von schwerem Alpdruck befreit, atmeten die Olvenstedter auf, als das Heer am 7. April morgens 10 Uhr abzog, um sich mit dem Kaiser Napoleon zu vereinigen.

Am 9. März 1813 brach im Kohlenstalle des Huf- und Waffenschmieds Joh. Christian Beyer, ehemals dem Kossaten Boltrams gehörig, Feuer aus, das indessen bald gelöscht wurde. Am 20. April 1813 brannte der nach dem Brande von 1810 wieder aufgebaute Halbspännerhof des Joh. Andreas Tuche am lütgen Ende des Dorfes infolge Brandstiftung ab. Außer diesem wurden noch 2 Halbspännerhöfe, ein Kossatenhof, neun Häuser und die Wirtschaftsgebäude eines Ackerhofes eingeäschert. Bei der damals herrschenden Not kamen nur 153 Thaler 13 Sgr. 9 Pf. und etwas Stroh und Korn bei dem Pfarrer zur Unterstützung der durch den Brand Beschädigten ein. Die Gemeinde Ebendorf zeichnete sich bei dieser Gelegenheit durch ihre Wohlthätigkeit aus. Die meisten Gebäude konnten erst im folgenden Jahre wieder gebaut werden, da das Feuerkassengeld nicht einging und die Franzosen kein Bauholz aus Magdeburg fahren ließen.  Die Häuser wurden meistens mit Stroh bedeckt.

Am 14. Mai 1813 mittags 12 Uhr kamen die ersten russischen Kosacken von Wolmirstedt her in Olvenstedt an und nahmen hier 29 Franzosen und 72 Pferde gefangen. Die Russen wurden mit Jubel empfangen, da allgemein angenommen wurde, mit der französischen Herrschaft sei es nunmehr zu Ende.  Später zeigten sich noch einige Male kleine Abteilungen der russischen Armee, bis sie am 4. Juli durch den zwischen Frankreich und Preußen nebst Alliierten geschlossenen Waffenstillstand von Blöswitz genötigt wurden, über die Elbe zurückzugehen.

Am 25 Juni war Divisionsgeneral Le Marois als Gouverneur in Magdeburg eingetroffen und hatte am 9. Juli alle Bürger zur Herausgabe der Waffen genötigt. Am 12. Juli kam Kaiser Napoleon in die Stadt, ordnete deren Befestigungen und hielt eine Revue über die unter Vandamme´s Befehl stehenden Truppen ab, wobei die fruchtreichen Äcker verwüstet wurden.

Am 6. August 1813 gab Graf Le Marois Befehl, die Laurentii-Kirche in ein Blockhaus zu verwandeln. Zwei Tage darauf wollte ein französisches Kommando auf Kosten der Gemeinde Olvenstedt diesen Befehl ausführen. Der Chef des Kommandos, Lieutenant Pitoizet vom 56. Linien-Infanterie-Regimente bewog indessen den Gouverneur, die Kirche zu schonen. Es wurden nur die Fenster ausgehoben, die Öffnungen halb vermauert und mit Schießscharten versehen. Die Mauern der Kirche wurden nicht durchlöchert, noch auch die Stühle hinausgeworfen. Die den Kirchhof umgebenden Mauern erhielten Schießscharten.  Die Zugänge wurden durch starke Pallisaden verwahrt.  Pitoizet kam nach der Übergabe Magdeburgs am 19. Mai 1814 am Himmelfahrtstage auf seinem Rückmarsche nach Frankreich als Kapitain nach Olvenstedt, empfahl sich in der Kirche dem Pfarrer und der Gemeinde und äußerte sich gegenüber dem ersteren seine Freude über die ihm gelungene Rettung der Kirche.

Während der Zeit, wo die Kirche als Blockhaus diente, vom 11. bis 16. Sonntage nach Trinitatis, hielt Pastor Walther mit Erlaubnis des Pastors Gebler und der Gemeinde in Ebendorf Sonntags vormittags Gottesdienst in Ebendorf und nachmittags in der Mädchenschule zu Olvenstedt. Nachdem die Kirchenfenster eingesetzt waren, wurde am 17. Sonntage nach Trinitatis wieder in der Laurentiikirche gepredigt.  Da sich aber tags darauf ein französisches Kommando von 52 Mann in die Kirche legte, das nicht bloß von den Einwohnern verpflegt, sondern mit Vorräten an Lebensmitteln auf 8 Tage versorgt werden musste, und da ferner die Gemeinde wegen der Kriegsunruhen nicht nach Ebendorf gehen wollte, so wurde vormittags und nachmittags in der Mädchenschule Gottesdienst gehalten.

Am 11. November 1813 kam zur allgemeinen Freude vom Gouverneur Le Marois aus Magdeburg die Ordre, das Blockhaus aufzuheben und die Pallisaden nach Magdeburg zu bringen. Am 22. November 1813, am 22. Sonntage nach Trinitatis, konnte wieder in der Laurentiikirche Gottesdienst gehalten werden. Die Hoffnung indessen, dass die Vertreibung des Königs Jerome von Westfalen durch die Kosacken die Befreiung der hiesigen Gegend zur Folge haben würde, ging noch nicht in Erfüllung. Vielmehr nahmen die Kriegsübel im Oktober und November durch die Streif- und Plünderungszüge der französischen Besatzung aus Magdeburg zu, die den benachbarten Gemeinden, wie es schon im Sommer oft geschehen war, auf vier Meilen im Umkreise alles Vieh und alle Vorräte an Lebensmitteln nahmen.  Das nach Magdeburg zusammen geschleppte Vieh starb wegen mangelnder Ställe und schlechter Verpflegung haufenweise dahin. Die Katharinen- und Liebfrauenkirche war in einen Hornviehstall und die Domkirche in einen Schafstall verwandelt worden. Seit Mitte Juli wurden die Einwohner zu Schanzarbeiten requiriert.

Vom 18. Oktober wurden täglich 500 Bürger zu Schanzarbeiten beordert. Aus Olvenstedt sollten sich täglich 50 bis 90 Mann zu diesem Zwecke stellen. Einigen Trost gewährte den hartbedrückten Einwohnern die Nachricht, dass Graf Tauenzien von Wittenberg her mit einem preußischen Heere zur Befreiung Magdeburgs heranrücke und bereits in Hundisburg sei.  Darauf machten die Franzosen neue Ausfälle und zerstörten viele Häuser und Bäume in den Nachbarorten.

Ende November 1813 erschienen wieder die russischen Kosacken des Corps des bei Calbe an der Saale stehenden Generals von Benningsen und mit ihnen die erste preußische Landwehr, welche von Alt und Jung freudig empfangen wurde. Von diesen Truppen wurden alle Lieferungen nach Magdeburg untersagt. Der hiesige Kantons-Maire und die Maires der benachbarten Orte wurden nach Wolmirstedt geführt, um sie gegen die Wut der Franzosen zu schützen. In Wolmirstedt erhielt der hiesige Kanton-Maire den Titel „Amtmann“, und die Maires wurden wieder Schulzen genannt.

Die Franzosen wurden über die Verweigerung der Lieferung erbittert und machten Freitag den 26. November nachmittags mit 60 Mann Kavallerie einen Ausfall nach Olvenstedt und raubten Korn und Vieh, wurden aber von 24 Kosacken unter Major von Hammerstein vertrieben. Am gleichen Tage wurden Barleben und Diesdorf geplündert. Den Einwohnern wurde preußischer Seits befohlen, ihre beweglichen Habseligkeiten nach entfernteren Orten zu bringen. Am 30. November wurde Olvenstedt vom 2.000 Franzosen umzingelt.  Ein Teil derselben plünderte das Dorf, raubte Korn, Vieh und Wäsche, zerschlug Fenstern, Thüren und Möbeln, schüttete die Federn aus den Betten auf die Straße und misshandelte mehrere Einwohner. Der Pastor, den sie durchaus als Geisel mitnehmen wollten, war zum Glück in Mark-Alvensleben, wohin er seine kranke Frau gebracht hatte. Gegen Ende des Jahres 1813 wurde dem Amtmann Spitzbarth wieder erlaubt, sich in Olvenstedt aufzuhalten, wobei ihm große Vorsicht empfohlen wurde.

Anstatt der Unterpräfekten wurden wieder königliche preußische Landräte eingesetzt und anfangs in Halle, später in Halberstadt ein preußisches Militär- und Zivilgouvernement errichtet.

Die Franzosen machten zwar von Magdeburg aus verschiedene Einfälle in die Dörfer und kamen einmal auch wieder bis vor Olvenstedt, kehrten aber bald zurück und verschonten von da ab unser Dorf.

Am 27. Dezember 1813 kam ein russisches Detachement von 150 Mann reitender Baschkiren in unseren Ort. Diese aus Asien stammenden Soldaten waren mit Schafspelzen bekleidet und mit Lanze, Schwert, Bogen und Pfeilen bewaffnet.  Ihre Waffen vertauschten sie indessen bald mit den von den Franzosen erbeuteten Feuergewehren. Anfangs bezogen sie ein von Strohhütten auf der Ostseite des Dorfes erbautes Lager. Als aber viel Schnee fiel, wurden sie in den Häusern einquartiert. Ihre kleinen Pferde aber ließen sie unter freiem Himmel stehen. Sie bewiesen große Wachsamkeit und Unerschrockenheit. Gegen die Einwohner waren diese Muhammedaner sehr gutmütig und nahmen mit geringer Kost vorlieb. Das Fleisch erbeuteter oder gefallener Pferde war ihr größter Leckerbissen.

Dienstag, den 4. Januar 1814, machten die Franzosen 3.000 Mann stark einen Plünderungsausfall bis Hundisburg.  Bei ihrer Rückkehr wurden sie am 5. Januar bei Ebendorf von den Russen angegriffen. Bei diesem Gefechte flogen einige Kanonenkugeln bis Olvenstedt, richteten aber keinen größeren Schaden an. Die meisten Kugeln fielen in die Steinbrüche am Hohenwarslebener Wege. Das russische Corps musste sich, weil nicht stark genug, zurückziehen, da den Franzosen 3.000 Mann aus Magdeburg zu Hülfe gekommen waren. Von dem damals seitens der Franzosen geraubten und nach Magdeburg geschleppten Vieh starben noch im Laufe des Monats 510 Stück.

Nachdem die Franzosen am 12. Januar Groß- und Klein-Ottersleben überfallen hatten, und am 16. Januar der russische General von Benningsen mit seiner Armee nach Hamburg marschiert war, wurde Magdeburg durch ein preußisches Corps unter dem General von Tauenzien ...(?) im März durch zwei Eskadrons preußisch reitender Landwehr abgelöst, welche alle acht Tage durch zwei andere Eskadrons ersetzt wurden. Hatten auch die entfernter liegenden Ortschaften stärkere Einquartierung, so wurde es doch den Olvenstedtern schwer, die wenigen Truppen zu unterhalten, da sie ihr Vieh und ihre Vorräte hatten wegbringen müssen.  Die Hoffnung auf baldige Erlösung hielt sie indessen aufrecht. Willig folgten 100 waffenfähige junge Männer dem Rufe zu den Waffen.

Der Einzug der Alliierten in Paris und die Thronentsagung Napoleons wurden am 30. März 1814 von 11 – 12 Uhr den Einwohnern durch Glockengeläute kundgegeben. Da dieses seitens der französischen, preußischen und russischen Generale selbst für Gottesdienste untersagt worden war, so bereitete es den Einwohnern eine besondere Festesfreude, als die Glocken nach langem Schweigen ihren ehernen Mund zur Siegesbotschaft eröffneten.

Am 24. April hielt Pastor Joh. Lebrecht Siegmund Walther die Siegespredigt über Ps. 7,11 – 18. Abends vorher war ein vom Kantor Rieß eingeübter Chorgesang vom Turme herabgesungen. Das vom preußischen Gouvernement angeordnete Siegesfest wurde am 8. Mai gefeiert.

Eine für die verwundeten Krieger und Witwen der Gefallenen gesammelte Kollekte ergab im Dorfe 46 Thaler 2 Gr. 4 Pf. Inzwischen war die Not in Magdeburg immer größer geworden. Während des Belagerungszustandes waren seitens der Franzosen allerlei Sachen im Werte von 450884 Thaler 21 Gr. 2 Pf. requiriert worden. 

Der Rothenseer Busch war ausgerodet, um Brennholz zu haben. Vom 24. Februar bis 6. April 1814 verließen 1367 Familien die Stadt. Um Lebensmittel zu erhalten, rückten am 1. April 1814 6000 Franzosen mit 20 Feldgeschützen nach Groß- und Klein-Ottersleben, wurden aber zurückgeschlagen. Am 21. April hatten der preußische Oberbefehlshaber und der französische Gouverneur bei Olvenstedt eine Unterredung, die am 23. April zum Waffenstillstande führte.

Am 24. April hörte die Schanzarbeit auf, und wurde die Handelssperre aufgegeben. Die Verbindung mit Magdeburg wurde wiederhergestellt. Der französische General Graf Le Marois wollte aber die Festung nicht früher übergeben, als bis er von Paris dazu Befehl erhalten habe. Am 4. Mai huldigte die Garnison dem französischen Könige Ludwig XVIII. Auf Befehl dieses verließen am 16. Mai die Frankreich dienenden Holländer, Spanier, Italiener und Kroaten, 4000 Mann stark Magdeburg und kehrten in ihre Heimat zurück.

Am 21. Mai rückte eine zweite Kolonne aus mit dem Präfekten Bercagny. Am 23. Mai verließen die letzten Franzosen mit dem Gouverneur Grafen Le Maois die Stadt. Tags darauf erfolgte der Einmarsch der russischen und preußischen Truppen. Der russische General Ilowoisky mit zwei Kosacken-Regimentern ging voraus, der preußische General Graf Tauenzien folgte. Glockengeläute und Kanonendonner verkündeten weithin die festliche Stund. Olvenstedts Einwohner nahmen freudigen Anteil.  Der Landsturm des Dorfes rückte zu Pferde mit in die endlich von französischem Drucke befreite Stadt, die 1815 28276 Einwohner zählte.

Am 30. Mai 1814 gab die Einwohnerschaft Olvenstedts ihre Freude über die Wiedereinverleibung in Preußen durch Aufstellung eines Adlers kund, ohne zu wissen, dass gerade an diesem Tage zu Paris der Friede unterzeichnet wurde, welcher dem Könige von Preußen den Besitz der durch den Tilsiter Frieden verlorenen Länder zurückgab.  Die Gemeinde ging in feierlichem Zuge unter Anführung des hiesigen Landsturmes zu Roß und Fuß unter Musik und Glockengeläute mit dem blumenbekränzten Adler durch das Dorf nach der östlich vom Dorfe an der Magdeburger Straße liegenden Wiese.

Dort wurde ein Kreis gebildet, in welchem Kantor Rieß das Lied: „Lobe den Herren ec.“ vierstimmig singen ließ, und Pastor Joh. Lebrecht Siegmund Walther über Psalm 28, 6 – 9 sprach. Gebet und Gesang : „Nun danket alle Gott“ beschlossen die Feier, während welcher der Adler auf einem Tische aufgestellt war. Friedensrichter Wilda sammelte dann für die Witwen und Waisen der gefallenen Krieger 28 Thaler 16 Gr. Darauf ging der Zug zum Friedensgerichtshause, an dem der Adler unter dem Rufe: „Es lebe der König“ befestigt wurde.  Beim Zuge hin und zurück war der Adler von den ältesten Schulmädchen getragen worden, denen die ältesten Knaben mit Blumen bekränzt und Lanzen bewaffnet zur Seite gingen.  Abends versammelten sich die Einwohner in verschiedenen Lokalen zum Mahle und zum Tanze. 

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[ http://www.robert-berrisch.de/chronik-olvenstedt.htm ]



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