[ zurück ]
[ Start ] [ Ahnen ] [ Zeittafel ] [ Verse ]
[ Texte ]
[ Menschen ]
[ Orte ]
[ Karten ]
[ Quellen ] [ Links ] [ Impressum ]
[ Uhland ]
[ Körner ]
[ Arndt ]
[ Schenkendorf ]
[ Choräle ]
[ Gleim ]
[ Schmidt ]


[ Lützows wilde Jagd ]
[ Aufruf ]
[ Einsegnung ]
[ Was uns bleibt ]
[ Die Eichen ]
[ An die Königin Luise ]
[ Abschied vom Leben ] [ Männer und Buben ]


Was uns bleibt.

Was uns bleibt, wenn Deutschlands Säulen brechen,
        Wenn der Götter Stimme trügt,
Wenn der Menschen Wunden sich nicht rächen,
        Wenn das heiligste Vertrauen lügt,
Wenn umsonst die aufgeblitzte Jugend
        Um des Vaterlandes Kerker stürmt,
Und des Volkes spartergleiche Tugend
        Fruchtlos Leichen über Leichen türmt?
Was uns bleibt, wenn wir trotz unserm Rechte
        Knirschend vor dem falschen Glücke stehn,
Und des Wütrichs feile Henkersknechte
        Mordend durch der Freiheit Tempel gehn?
Was uns bleibt, wenn unser Blut vergebens
        Auf des Vaterlandes Grab verraucht,
Und der Freiheit Stern, der Stern des deutschen Lebens,
        An dem deutschen Himmel niedertaucht?
Was uns bleibt? Rühmt nicht des Wissens Bronnen,
        Nicht der Künste friedensreichen Strand!
Für die Knechte gibt es keine Sonnen,
        Und die Kunst verlangt ein Vaterland.
Aller Götter Stimmen sind verklungen
        Vor dem Jammerton der Sklaverei,
Und Homer, er hätte nie gesungen:
        Doch sein Griechenland war frei!
Was uns bleibt? - Ein christliches Ertragen
        Wo des Dulders feige Träne taut?
Soll ich selbst den Altar mir zerschlagen,
        Den ich mir im Herzen aufgebaut?
Soll ich das für Gottes Finger halten,
        Wo der Menschheit Engel Rache schreit?
Wo die Teufel teuflisch walten,
        Das kann nur ein Sieg der Hölle sein.
Bleibt uns nichts? - Fliehn alle gute Engel
        Mit verwandtem Angesicht?
Brechen aller Hoffnung Blütenstengel,
        Weil des Sieges Palme bricht?
Kann der Arm kein rettend Kreuz umklammern
        In der höchsten, letzten Not?
Müssen wir verzweifeln und verjammern?
        Gibt es keine Freiheit als den Tod? - -


Doch! Wir sehn's im Aufschwung unsrer Jugend,
        In des ganzen Volkes Heldengeist.
Ja! es gibt noch eine deutsche Tugend,
        Die allmächtig einst die Ketten reißt.
Wenn auch jetzt in den bezwungnen Hallen
        Tyrannei der Freiheit Tempel bricht:
Deutsches Volk, du konntest fallen,
        Aber sinken kannst du nicht!
Und noch lebt der Hoffnung Himmelsfunken.
        Mutig vorwärts durch das falsche Glück!
's war ein Stern! Jetzt ist er zwar versunken,
        Doch der Morgen bringt ihn uns zurück.
's war ein Stern! - Die Sterne bleiben.
        's war der Freiheit goldner Stern!
Laß die blut'gen Wolken treiben!
        Der ist in der Hut des Herrn!
Mag die Hölle drohn und schnauben,
        Der Tyrann reicht nicht hinauf,
Kann dem Himmel keine Sterne rauben.
        Unser Stern geht auf!
Ob die Nacht die freud'ge Jugend töte,
        Für den Willen gibt es keinen Tod,
Und des Blutes deutsche Heldenröte
        Jubelt von der Freiheit Morgenrot.

Theodor Körner
(23.9.1791 - 26.8.1813)

geschrieben 1813



[ zurück ]
[ oben ]